Der indonesische Anwalt Septi Meidodga übergibt einen Bericht an Surya Deva, Mitglied der UN-Arbeitsgruppe Menschenrechte und transnationale Unternehmen. PBI

Seit einigen Jahren stellen wir mit Besorgnis fest, dass der zivilgesellschaftliche Handlungsspielraum in zahlreichen Ländern wie Guatemala, Honduras, Nicaragua, Kolumbien, Mexiko, Kenia oder auch Indonesien zunehmend von Einschränkungen betroffen ist. Die Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger:innen bewegen sich mit zahlreichen Überfällen, Kriminalisierungs‑ und Diffamierungskampagnen und schlimmstenfalls sogar Mord auf einem alarmierenden Niveau. 2021 verzeichnete Front Line Defenders 358 Morde an Menschenrechtsverteidiger:innen, davon 138 in Kolumbien.

In dieser kritischen Situation wird die Advocacy-Arbeit von internationalen NGOs für Menschenrechte wie Peace Brigades International (PBI) zur Notwendigkeit. Tatsächlich ist das Ziel dieser Arbeit der Schutz und die Erweiterung des zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraums durch den Brückenschlag zwischen Menschenrechtsverteidiger:innen und der internationalen Gemeinschaft.

Daher trifft PBI sich regelmässig mit Vertreter:innen verschiedener Regierungen sowie Mitglieder internationaler Organisationen wie etwa der UNO, um sie für solche Angriffe auf Aktivist:innen zu sensibilisieren. PBI verlangt von diesen konkrete Massnahmen gegen die Angriffe, wie etwa öffentliche Stellungnahmen, Treffen mit dem diplomatischen Korps vor Ort oder auch die Anbahnung eines Dialogs mit den lokalen Behörden. Auf diesem Weg kann die internationale Gemeinschaft Solidarität mit der Zivilgesellschaft beweisen und mit der Forderung nach mehr Schutz für Menschenrechtsverteidiger:innen Druck auf die lokalen Regierungen ausüben. Infolge Advocacy-Kampagnen durch internationale Organisationen besuchten UNO-Expert:innen beispielsweise den guatemaltekischen Menschenrechtsverteidiger Bernardo Caal Xol im Gefängnis und prangerten seine Kriminalisierung mehrfach an. Kürzlich wurde der Aktivist nach über vier Jahren Haft freigelassen.

Internationale NGOs können ausserdem Aktivist:innen zu internationalen Reisen einladen, um persönlich an internationalen Foren teilzunehmen und Vertreter:innen der internationalen Gemeinschaft kennenzulernen.

Durch diese Advocacy-Arbeit wird die öffentliche Aufmerksamkeit auf bestimmte schwere Menschenrechtskrisen gelenkt, die nicht immer ein grosses Medienecho erhalten. Zudem erinnert sie die internationale Gemeinschaft an ihre Verantwortung zur Förderung und Verteidigung der Menschenrechte durch den Schutz des zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraums. Und schliesslich ermöglicht sie den Menschenrechtsverteidiger:innen, ihr Unterstützungsnetzwerk durch das Knüpfen direkter Kontakte mit den Vertreter:innen der internationalen Gemeinschaft zu stärken.

Auch die internationalen NGOs, die sich in ihren jeweiligen Einsatzländern mit Advocacy-Aktivitäten gegen die Einschränkung des zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraums einsetzen, sehen sich bei ihrer Arbeit zunehmend mit Hindernissen konfrontiert. Seit mehreren Jahren prangern sie die chronische Unterfinanzierung des UNO-Pfeilers für den Schutz der Menschenrechte sowie die Auswirkungen der infolge der COVID-19-Pandemie verhängten Gesundheitsmassnahmen an. Aufgrund dieser Situation wurden die Möglichkeiten zur Teilnahme der Zivilgesellschaft an strategischen internationalen Konferenzen eingeschränkt, wie etwa am Menschenrechtsrat in Genf – dem wichtigsten intergouvernementalen Organ der UNO mit der Aufgabe, die Menschenrechte auf der ganzen Welt zu schützen und zu fördern.

Angesichts der zunehmenden Belastungen und Angriffe mit dem Ziel, den zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum einzuschränken, braucht es zwingend eine resolute und koordinierte Reaktion der zivilgesellschaftlichen Organisationen sowohl in der Schweiz als auch im Ausland.