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International Alert Ella Irwin communications@international-alert.org Policy & Advocacy Officer

Auf der ganzen Welt werden LGBT+-Menschen und Kritiker:innen starrer Geschlechternormen marginalisiert, angegriffen und in Konfliktzeiten zu Sündenböcken erklärt. Um LGBT+-Menschen nicht im Stich zu lassen, muss die Agenda für Frauen, Frieden und Sicherheit (Women, Peace and Security – WPS) sexuelle und geschlechtliche Minderheiten ausdrücklich integrieren und sich von einem binären Geschlechterverständnis distanzieren.

Laut einer in nächstem Monat von International Alert veröffentlichten Forschungsarbeit leben konfliktbetroffene LGBT+-Gemeinschaften in Nepal und Myanmar sehr häufig in ständiger Angst vor Bedrohungen durch ihre Familien, die Gesellschaft oder den Staat. Oft werden sie aus Familien und Gemeinschaften ausgeschlossen und finden keine stabile reguläre Beschäftigung. Sie berichten, dass sie keinen ausreichenden Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Niemand vertritt ihre Interessen in politischen Entscheidungsgremien. Sie sind stärker von jeglicher Form von Gewalt betroffen. Jeden Tag werden ihre grundlegenden Menschenrechte bedroht.

In Konfliktzeiten nehmen Homophobie und Transphobie sogar noch zu. Während des Militärputsches in Myanmar meldeten LGBT+-Gruppen, dass sie Opfer von sexueller Gewalt, Folter und Einschüchterung geworden waren. Zudem soll es vermehrt zu Gewalt und unrechtmässigen Festnahmen durch die Polizei gekommen sein. Anspruchsgruppen, die sich für LGBT+ einsetzen, war es nahezu unmöglich, ihre Mitglieder zu unterstützen.

In Systemen, in denen patriarchalische Normen und Männlichkeiten vorherrschen, bleiben Frauen und LGBT+-Personen aussen vor. In Nepal und Myanmar erfuhr das Forschungsteam, dass heterosexuelle Männer sowohl auf der öffentlichen als auch auf der privaten Entscheidungsebene dominieren und dass eine intensivere Zusammenarbeit von Frauen- und LGBT+-Gruppen zu einem längerfristigen «positiven» Frieden beitragen könnte. In Nepal gehen Frauenrechtsorganisationen zu intersektionalen, inklusiven Advocacy-Ansätzen über. In Myanmar, wo der Staat zivilgesellschaftliche Gruppen weiterhin streng überwacht, ist die Zusammenarbeit zwischen Frauen- und LGBT+-Gruppen äusserst riskant.

Eine breiter gefasste Agenda für «Gender, Frieden und Sicherheit», die in traditionellen Geschlechterrollen gründender Diskriminierung und Gewalt ein Ende setzt, könnte einen Paradigmenwechsel herbeiführen. Wenn sich Frauen- und LGBT+-Gruppen zusammentun, können sie nicht nur bahnbrechende Diskussionen anstossen, sondern auch patriarchalische Normen und Männlichkeiten nachhaltig verändern. Da sie jedoch weder in der UNO-Sicherheitsratsresolution (UNSCR) 1325 noch in den acht darauffolgenden Resolutionen erwähnt werden, erscheinen lesbische, bisexuelle und Trans-Frauen praktisch nicht auf der WPS-Agenda der UNO.

Hinter der WPS-Agenda steht eigentlich das Ziel, einen tiefgreifenden Wandel zu bewirken. Würde sie etwas anders gestaltet, könnte sie für echte Inklusion sorgen. In Nepal zum Beispiel zeigt sich die Regierung erstmals bereit, LGBT+-Anliegen und -Rechte ausdrücklich in den zweiten Entwurf des Nationalen WPS-Aktionsplans aufzunehmen.

22 Jahre nach der Verabschiedung der UNO-Resolution 1325 kann es mit der Geschlechterinklusion nicht schnell genug gehen, vor allem für diejenigen, die von den Gedanken, Gesprächen und Massnahmen rund um WPS ausgeschlossen sind.

Weitere Informationen sowie Empfehlungen für politische Entscheidungsträger:innen und Friedensfördernde enthält der Forschungsbericht von International Alert zu diesem Thema, der im Oktober 2022 verfügbar sein wird.

International Alert Ella Irwin communications@international-alert.org Policy & Advocacy Officer