N° 160
April 2019
Jugend ist nicht die Zukunft, sie ist die Gegenwart. Foto von Jean-Daniel Biéler

In West-, Nord- und Zentralafrika ist die extreme Gewalt noch lange nicht am Ende. Von Mali bis zum Tschad, von Libyen bis zur Zentralafrikanischen Republik wenden bewaffnete Gruppen weiterhin radikale Gewalt an, trotz der Bemühungen von Staaten und Gemeinschaften, diese einzudämmen.

Der grösste Teil dieser Gewalt wird von jungen Menschen ausgeübt, sowohl von Männern als auch von Frauen. Viele Forschende haben deshalb in den letzten Monaten versucht, die Gründe für diese Entwicklung zu verstehen.

Als Hauptgründe für den Beitritt zu diesen Gruppen werden folgende Aspekte genannt: Mangelnde Perspektiven (Arbeitslosigkeit, stagnierende Entwicklung), Schutz des Familienvermögens, Sicherheitsbedürfnis, Zugehörigkeitsgefühl zu einer motivierten Gruppe, Wiederaufleben alter ungelöster Konflikte, Gefahren der Auswanderung und religiöse Indoktrination (Religion ist nur ein Element unter anderen).

Studien zeigen auch, dass Familien Mühe haben, gegen die Rekrutierung junger Menschen anzukämpfen. Der Verzicht der Eltern Verantwortung zu übernehmen, verhindert die Übertragung und den Erwerb gesellschaftlicher Werte. Was tun, wenn ein tief verankertes Patriarchat und eine widerspenstige Elite die Gesellschaft dominieren? Was tun, wenn gewalttätige junge Gewerkschaftler, Banden von bewaffneten städtischen Jugendlichen (die sich durch den Verkauf von Drogen finanzieren) und nicht integrierte, arbeitslose und demobilisierte Menschen zu potenziellen Zielen extremistischer Gruppen werden? Was tun, wenn jahrelange Gewalt aller Art und der Reiz des leichten Geldes die Gewalt weiter gefördert haben, von der die Region jetzt durchdringt wird?

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) befasst sich deshalb seit vier Jahren mit diesen Themen und versucht, jungen Menschen eine Stimme zu geben. Im Rahmen regionaler Gespräche im afrikanischen Subkontinent, (welche das EDA begleitet und finanziert), tauschen sich politische Leitpersonen, Militärs, Zivilisten, traditionelle oder religiöse Anführende und Forschende mit jungen Menschen zu diesem Thema aus.

Dieser Austausch zeigt deutlich, dass junge Menschen Schlüsselakteure in der Gewaltprävention sind. Ihre aktive Beteiligung an den vom Staat oder der Zivilgesellschaft vorgeschlagenen langfristigen Lösungen sind somit unerlässlich, werden aber leider noch immer nicht genügend anerkannt.

Die Gespräche ergaben auch, dass es bereits mehrere Initiativen gibt und dass es wichtig ist, dass diese gehört und unterstützt werden.  In den folgenden Projektbeispielen werden junge Menschen mobilisiert und in den Dialog miteinbezogen: in Mauretanien (“Je m’engage”-Bewegung, sehr aktiv in der Rolle der Sozialtherapie und der Schaffung von Projekten zur beruflichen Integration), in Tunesien (“Beder pour la citoyenneté et le développement équitable” oder “Mobdiun”-Vereine, welche die Bedeutung der Kultur für den sozialen Zusammenhalt junger Menschen fördern), in Marokko (Kulturzentrum Sidi Moumen), in Tschad (politische Cafés und Gemeinschaftsradios), in Niger (Gemeinschaftsradios) oder in Kamerun (junge Mütter, die an der Reintegration ehemaliger Boko Haram-Mitglieder und der Verhinderung neuer Abgänge beteiligt sind).

Zentral bleibt die Notwendigkeit, diese Projekte zu vervielfachen. Die Forderungen sind nicht kompliziert: Der Erfahrungsaustausch muss erleichtert und die vorherrschende Rolle des Dialogs und der Partizipation, nach der diese jungen Menschen streben, muss anerkannt werden.

Die Staaten werden aufgefordert, junge Menschen in die Politik zu integrieren und das Prinzip des Zusammenlebens in allen Bereichen der Sozialisation zu fördern.

In Afrika entsteht eine kreative, aber immer noch schlecht unterstützte Zukunft für junge Menschen, die sich dafür einsetzen, dass es keine Gewalt gibt.