Arbeiterinnen protestieren gegen schlechte Arbeitsbedingungen in kambodschanischen Textilfabriken. Foto: Solidar Suisse

Die Anhänger_innen der neoliberalen Wirtschaftspolitik sind überzeugt: Liberalisierung und Deregulierung des Marktes maximieren national wie international das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand für alle.

Die Realität hält sich jedoch nicht an dieses Drehbuch. Anders als versprochen können sich die Länder des globalen Südens nicht aus Armut und Elend befreien. Die Arbeit der Menschen dort, ob in Dienstleistungsjobs, der Produktion, der Landwirtschaft oder im Bergbau, ist oft schlecht bezahlt, erniedrigend und gefährlich, und Arbeitsrechte werden mit Füssen getreten.

Kinderarbeit auf westafrikanischen Baumwollfeldern und in Goldminen, sklavenähnliche Beschäftigungsverhältnisse in asiatischen Fabriken, Lohnknechtschaft auf indonesischen und malaysischen Palmölplantagen, Missachtung von grundlegenden Arbeitsrechten besonders für Frauen in Textilfabriken in Südosteuropa, Vertreibungen von Kleinbauern in Südamerika wegen neuer Minenprojekte europäischer Grosskonzerne, oder weltweit die Ausbeutung von Migranten_innen im Agrarsektor – die Beispiele sind Legion.

Als Konsumenten_innen in der Schweiz können wir uns zwar solidarisch zeigen, aber nur begrenzt auf diese unfairen Arbeitsbedingungen reagieren, zum Beispiel durch bewusste Kaufentscheidungen oder durch Druck auf bestimmte Konzerne, um Veränderungen in den Lieferketten zu bewirken. Eine rechtliche Verantwortung Schweizer Unternehmen, zumindest die schlimmsten Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern zu verbessern, besteht nicht. Noch nicht, denn die Konzernverantwortungsinitiative möchte dies ändern: Konzerne mit Sitz in der Schweiz sollen zukünftig für Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverschmutzung durch ihre Tochterfirmen haften.

Doch nicht nur die Globalisierung fördert Ausbeutung. Viele Menschen, die ausserhalb globaler Lieferketten arbeiten, sind teilweise sogar noch stärker Ausbeutungsverhältnissen ausgesetzt: Das gilt vor allem für Arbeitende im informellen Sektor wie Strassenhändler_innen und Hausangestellte, aber auch für Temporärarbeitende und Angestellte in Kleinstbetrieben.

Arbeit darf die Arbeitenden nicht entwürdigen, sie darf nicht krank machen und muss ein selbstgestaltetes und autonomes Leben ermöglichen. Die Decent Work Agenda der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) benennt deswegen als Grundvoraussetzungen für faire Arbeit folgende Faktoren: gerechtes Einkommen, Sicherheit am Arbeitsplatz und soziale Absicherung der Beschäftigten und ihrer Familien, die Möglichkeit zur gewerkschaftlichen Organisation, Partizipation und Mitwirkung bei der Weiterentwicklung der Arbeit sowie Chancengleichheit und Gleichbehandlung. Grundlage sind dabei international verbindliche Rechte, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte garantierte das Recht auf faire Arbeit (Artikel 23). Das Ziel 8 der UNO-Nachhaltigkeitsziele (SDG) fordert zudem ausdrücklich menschenwürdige Arbeit für alle.

Solidar Suisse setzt sich für weltweit faire Arbeitsbedingungen ein und leistet damit einen Beitrag zu einer gerechteren Wirtschaftsentwicklung und Globalisierung. Dass sich Arbeitnehmende gewerkschaftlich oder gewerkschaftsunabhängig organisieren können, ist von zentraler Bedeutung für die Verwirklichung dieser Ziele. Solidar unterstützt Aktivist_innen und Organisationen vor Ort, so dass sich Menschen kollektiv organisieren und Ausbeutungsverhältnisse bekämpfen können, so z.B. im Gesundheitssektor im Kosovo, auf Plantagen in Bolivien oder in Textilfabriken in Kambodscha. Zusammen mit den Partnern vor Ort interveniert Solidar auch direkt in den lokalen Märkten, um lokale Produktions- und Lieferketten aufzubauen und zu stärken – z.B. in der Honigveredelung in Burkina Faso oder in der Zertifizierung von Kakao in Lateinamerika. Zudem ermöglicht Solidar Suisse einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt, so etwa durch Alphabetisierungsmassnahmen oder die Unterstützung von staatlichen Berufsschulen. Auch Ausbildungen in traditionellen Berufen wie im Metall- oder Bausektor oder im freiberuflichen informellen Sektor zum Solaranlageninstallateur oder zur Kompostdüngerproduzentin ermöglichen neue Perspektiven. Von den verschiedenen Ansätzen formaler wie informaler Ausbildung profitieren dabei vor allem junge Menschen im ländlichen und halburbanen Raum, insbesondere dabei junge Frauen.