Volksinitiative «für ein Verbot von Kriegsmaterialexporten» in der Schweiz
Der Schweizerische Friedensrat (SFR) Ruedi Tobler ruedi.tobler@friedensrat.ch Präsident

Auch wenn nach dem Ende des Kalten Krieges die Schweizer Armee deutlich abgespeckt wurde, ist sie aus Sicht des Schweizerischen Friedensrat (SFR) immer noch überdimensioniert. In der Vernehmlassung zum sicherheitspolitischen Bericht 2021 schlägt der SFR deshalb eine Umstellung der Prioritäten vor. Spätestens seit dem Beitritt zur UNO ist die schweizerische Sicherheitspolitik auf ihr System der Kollektiven Sicherheit auszurichten. Dazu ist die Beteiligung an der internationalen Friedensförderung an erste, die Katastrophenhilfe an zweite und die Landesverteidigung an dritte Stelle zu setzen.

Mit dieser Prioritätensetzung muss Sinn und Zweck der Militärdienstpflicht in Frage gestellt werden. Für Einsätze in Friedensmissionen braucht es sehr gut qualifizierte und top motivierte Persönlichkeiten. Allerdings nähme dabei auch die Anzahl der insgesamt benötigten Dienstleistenden massiv ab. Damit würde die allgemeine Wehrpflicht obsolet, was auch «Nebenwirkungen» auf die anderen Dienstpflichtbereiche, den Zivildienst und den Zivilschutz hätte.

Mit dem Wegfall der Militärdienstpflicht entfiele auch die Rechtsgrundlage für den Zivildienst. Dieser hat jedoch seine Berechtigung und Notwendigkeit zu Genüge unter Beweis gestellt und ist in veränderter Form aufrecht zu erhalten. Der Zivilschutz steckt offensichtlich in einer strukturellen Krise, die deren Verantwortliche auf Kosten des Zivildienstes lösen möchten – aus Sicht des SFR ein Irrweg. Nicht der Zivildienst muss unattraktiver gemacht werden, sondern der gesamte Bereich von Schutz- und Rettungsorganisationen ist reformbedürftig. Der Umgang mit der «Klimakatastrophe» ist nicht der Sicherheitspolitik unterzuordnen, sondern politisch, d.h. zivil zu regeln.

Dieser Umbau böte auch die Chance einer massiven Verlagerung der finanziellen Mittel von der Sicherheitspolitik zur Friedensförderung, Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe. Dies würde es der Schweiz erlauben, endlich das Ziel zu erreichen, 0,7 % des Bruttoinlandprodukts für die Entwicklungsfinanzierung aufzuwenden. Dazu könnte sie neben einer massiven Aufstockung des IKRK-Beitrags eine Defizitgarantie für dessen Personalausgaben übernehmen und zusätzlich  ihre Beiträge an den weltweiten Kampf gegen die COVID-19-Pandemie massiv aufstocken, um dazu beizutragen, dass auch in den ärmeren Ländern breit geimpft werden kann. Die Beispiele zeigen, wie die Schweiz mit bei den Militärausgaben eingesparten Mitteln wirkungsvoll zu einer friedlicheren Welt beitragen könnte.

Mit der Reduktion der Armee würde auch das Argument geschwächt, der Export von Kriegsmaterial und sogenannten Dual-Use-Gütern für militärische Zwecke sei notwendig, um eine eigenständige Kriegsmaterialproduktion zu ermöglichen. Im gleichen Zug sollte auch im Finanzsektor eine klare Ausrichtung auf die Förderung einer friedlichen Entwicklung der Welt erfolgen, durch ein Verbot der direkten und indirekten Finanzierung von Rüstungsgütern und der Rüstungsindustrie. Der grundsätzliche Verzicht auf solche Exporte und ihre Finanzierung würde verhindern, dass aus der Schweiz  Konflikte angeheizt werden und Schweizer Waffen in Kriegsgebieten auftauchen.

 

 

Der Schweizerische Friedensrat (SFR) Ruedi Tobler ruedi.tobler@friedensrat.ch Präsident