District Platforms for Dialogue (DPD), Liberia, 2016. Conciliation Resource

Wie wichtig Vertrauen in einer Gesundheitskrise ist, kann man nicht oft genug betonen. Westafrika hat uns vor Augen geführt, wohin fehlendes Vertrauen führen kann und dass lokale Friedensfördernde für den Brückenschlag zwischen Gemeinschaften und Regierungseinrichtungen unverzichtbar sind.

2013 kam es in Westafrika zu einem Ebola-Ausbruch. Aufgrund der kurzen Inkubationszeit und eines tiefen Misstrauens gegenüber Regierung, Sicherheitskräften und Gesundheitspersonal breitete sich die Epidemie rasant aus.

In den betroffenen Ländern (Elfenbeinküste, Guinea, Liberia und Sierra Leone) waren die Beziehungen in und zwischen den Gemeinschaften sowie zu staatlichen Institutionen geschwächt durch gerade erst überstandene Bürgerkriege und politische Krisen. Die Reaktionen auf die Ebola-Epidemie reichten von Unglaube bis hin zur weit verbreiteten Verschwörungstheorie, die Viruserkrankung sei das Werk des Staats. Widersprüchliche Informationen schürten das Misstrauen gegen staatliche und humanitäre Organisationen zusätzlich. Gesundheitsfachkräften wurde der Zugang zu Gemeinschaften verwehrt, es fanden Angriffe auf Regierungsgebäude und Gesundheitszentren statt, Bestattungsteams wurden stigmatisiert.

Hier waren Friedensfördernde aus der Region gefragt. In der Elfenbeinküste, in Guinea, Liberia und Sierra Leone hatte Conciliation Resources zusammen mit nationalen NGOs seit 2010 District Platforms for Dialogue (DPDs) aufgebaut, ein Netzwerk aus friedensfördernden Strukturen, die von der lokalen Bevölkerung mitgetragen werden. In diesem Netzwerk übernahmen vertrauenswürdige, angesehene Mitglieder der Gemeinschaft eine wichtige Brückenfunktion zwischen Gesundheitsfachkräften, Hilfsorganisationen und Regierungseinrichtungen, die alle versuchten, die Ausbreitung der Epidemie zu verhindern oder sie einzudämmen.

Häufig sind die DPD-Mitglieder die erste Anlaufstelle für die Gemeinschaften. Während der Ebola-Krise informierten sie über grundlegende Fakten wie Krankheitssymptome oder Schutzmassnahmen. Dabei musste ihre Rolle stets klar definiert sein: Sie sind keine Medizinerinnen und Mediziner. In erster Linie sollten sie ein Umfeld schaffen, in dem die Gesundheitsfachkräfte die Gemeinschaften unterstützen konnten.

Die DPDs veranstalteten Dialogsitzungen, in denen Probleme ihrer Gemeinschaften erörtert und mögliche Lösungen gefunden werden konnten. Tausende Menschen nahmen daran teil, darunter Gesundheitsfachkräfte, Regierungsvertreter_innen sowie Ebola-Überlebende. Mit der Zeit stellte sich heraus, dass vor allem die Monopolisierung der Ressourcen für den Kampf gegen Ebola für Spannungen in den Gemeinschaften sorgte: Die Unterstützung konzentrierte sich unweigerlich auf Ebola-Überlebende und Gesundheitsfachkräfte. Von der Epidemie waren jedoch alle betroffen. Märkte wurden geschlossen, Volkswirtschaften kollabierten, gesellschaftliche und kulturelle Normen wurden verletzt.

Die Dialogsitzungen waren somit ein Raum für die Menschen, die nicht als direkte Opfer galten, in dem sie über das kollektive Leid der Gemeinschaft und der Nation sprechen konnten. Strategien zur Bekämpfung von Epidemien müssen in ihrer Gestaltung und Umsetzung konfliktsensitiv sein. Sie müssen die kollektiven Erfahrungen der gesamten Bevölkerung berücksichtigen, um zu verhindern, dass sich Kluften vertiefen und Spannungen zunehmen.

Wir können aus dem Umgang mit der Ebola-Epidemie lernen und Schlüsse für die laufenden Reaktionen auf die derzeitige Corona-Pandemie ziehen. Um COVID-19 zu bekämpfen, müssen wir Beziehungen aufbauen und ganzheitlich  zusammenarbeiten. Humanitäre Organisationen, Friedensfördernde und lokale Gemeinschaften können gemeinsam konfliktsensitiv gegen die Pandemie vorgehen und so diejenigen besser erreichen, die am dringendsten Hilfe benötigen.