PN-Mitarbeiter:innen Retraite 2019. PeaceNexus
PeaceNexus Carole Frampton-de Tscharner carole.frampton@peacenexus.org Organisational Development Lead

PeaceNexus ist eine private Schweizerische Stiftung zur Stärkung von Organisationen, die zum Frieden in fragilen Kontexten beitragen. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie keine Projekte oder Aktivitäten, sondern Veränderungsprozesse von Organisationen finanziert. Ihre Partner:innen wählt sie nach drei Kriterien aus: 1) eine starke Erfolgsbilanz – oder nachgewiesenes Potenzial – hinsichtlich ihres Beitrags zum Frieden oder zur lokal geführten Friedensförderung; 2) Übereinstimmung mit dem geografischen Fokus und der Konfliktanalyse von PeaceNexus; 3) Bereitschaft zur Veränderung. Die Beurteilung des Veränderungswillens, also des letztgenannten Kriteriums, ist meistens am schwierigsten und dort können am häufigsten Fehler auftreten.

Wissenschaftler:innen haben im Bereich Organisationsentwicklung eine «Veränderungsgleichung» entwickelt, die aufzeigt, dass das Mass der Unzufriedenheit in Kombination mit einer gemeinsamen Vision einer besseren Zukunft und einigen ersten Schritten in diese Richtung grösser sein muss, als der innere Widerstand gegen eine Veränderung. Allerdings ist die Einschätzung jedes dieser Elemente eine Kunst in sich selbst.

Unzufriedenheit kommt in jeder Organisation vor. Die Frage ist aber: Liegt der Grund für die Frustration beim Engagement für die Mission? Existiert eine allgemeine Negativität oder wird die Mission durch kreative Energie und einsatzbereite «Change Champions» unterstützt? Es überrascht uns oft, welche Personen in Führungspositionen landen, und es passiert auch schnell, dass wir den Widerstand derjenigen unterschätzen, die sich durch Veränderungen bedroht sehen. Denn solche Prozesse führen unweigerlich zu einer Neuverteilung von Macht und Ressourcen. Obwohl die Auswirkungen auf die Organisationsdynamiken nicht vorherzusagen sind, kann der Versuch, die Dynamiken zu verstehen, uns bei der Einschätzung helfen, inwiefern und aus welcher Richtung Widerstand kommen könnte.

Dennoch ist Frustration innerhalb der Organisation manchmal nicht genug. Druck von aussen hilft die «Kosten» des Status quo weiter zu erhöhen. Ein sogenannter «Donor-Darling», der keine Rechenschaft über seine Leistung ablegen muss, toleriert vielleicht lieber eine hohe Personalfluktuation, als dass er sein Vorgehen in Frage stellt. PeaceNexus hält zwar den Spiegel vor und reflektiert interne Umfragen, aber das Feedback wird möglicherweise nicht in vollem Umfang gehört, es sei denn, es entstehen direkte Konsequenzen. Wenn eine Organisation vielleicht noch nicht «genug leidet», um einen echten Veränderungsprozess zu initiieren, kann sich die Chance dazu schnell verflüchtigen: In einer existentiellen Krise – vor allem finanzieller Natur – ist sie nicht in der Lage, strategische Denkprozesse und mittel- bis langfristige Reformen anzustossen. In solchen Fällen bringt die Unterstützung von PeaceNexus keinen Mehrwert und es ist besser, man lässt es sein.

Letztlich sind durch Begleitprozesse von PeaceNexus oft dysfunktionale Praktiken sowie grundlegende Uneinigkeiten über die Rolle und die Zukunft der Partnerorganisation ans Licht gekommen. Obwohl sich mit der Zeit ein Konsens herausbilden kann, ist unsere Erfahrung dennoch, dass der Effekt möglicherweise begrenzt ist, wenn die Themen nicht genug früh identifiziert und direkt angegangen werden – auch auf Vorstandsebene.

Grösstenteils besteht die Begleitung durch die Friedensstiftung daraus, dass sie den Partner:innen hilft, die «Veränderungsgleichung» zu verstehen und sie als Hebel für den Fortschritt zu nutzen, indem sie etwa die Frustration des Personals anerkennen und als Antrieb nutzen, unterschiedliche Visionen benennen und sich zur Erarbeitung einer neuen gemeinsamen Vision verpflichten sowie langwierige und herausfordernde Prozesse beständig fördern und sie in überschaubare Prozessschritte runterbrechen. Der Veränderungsprozess erfordert auch eine regelmässige Berichterstattung, um über die Fortschritte zu informieren, sowie Bemühungen um den Miteinbezug derjenigen, für die eine Veränderung eine Bedrohung darstellt. Der Blick zurück auf über zehn Jahre Versuch und Irrtum zeigt uns, dass das, was wir bei der Auswertung des Veränderungswillens für Organisationsentwicklungsprozesse festgestellt haben, auch für die Gestaltung von Friedensförderungseinsätzen im weiteren Sinne relevant ist.

PeaceNexus Carole Frampton-de Tscharner carole.frampton@peacenexus.org Organisational Development Lead