Video "Rana's Story" (www.besafe.ps)

In der aktuellen globalen Gesundheitskrise verbringen weltweit viele Menschen mehr Zeit online als je zuvor. Lockdowns, Quarantäne und Selbstisolation haben die Internetnutzung um bis zu 70 % erhöht. Während es zahlreiche Berichte über die Zunahme von häuslicher Gewalt in Folge der pandemiebedingten Einschränkungen gab, fand der Anstieg geschlechtsspezifischer Gewalt (GBV) in digitalen Räumen weniger Beachtung. Online-GBV war jedoch schon vor der Pandemie weit verbreitet. Es wird nun zunehmend anerkannt, dass sie im größeren Kontext systemischer geschlechtsspezifischer Diskriminierung stattfindet und in strukturellen Ungleichheiten und Machtungleichgewichten wurzelt.

Weltweit wächst die Besorgnis über Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Informations- und Kommunikationstechnologien, etwa in Bezug auf künstliche Intelligenz, das Recht auf Privatsphäre, Meinungsfreiheit, Nichtdiskriminierung oder Hassrede. Dies trifft auch auf Palästina und Israel zu. “Viele Palästinenser_innen sind vermehrten Einschränkungen und Verletzungen ihrer Menschenrechte im Internet ausgesetzt”, schreibt 7amleh – The Arab Center for the Advancement of Social Media. Die NGO, die sich für die digitalen Rechte der Palästinenser_innen einsetzt, hat im Jahr 2020 vermehrt Rassismus und Hetze gegen Palästinenser_innen in sozialen Medien beobachtet. Eine aktuelle Studie stützt diesen Befund und verdeutlicht das Ausmass der geschlechtsspezifischen Online-Gewalt in Palästina und Israel.

PeaceWomen Across the Globe (PWAG) hat in ihrem Netzwerk ebenfalls eine Zunahme von Menschenrechtsverletzungen im digitalen Raum und speziell von geschlechtsspezifischer Online-Gewalt beobachtet. PWAG setzt sich für die Förderung der Partizipation von Frauen ein – und das Internet ist ein wichtiger Teil der Räume, in denen sichere Partizipation und sicherer Zugang gewährleistet werden müssen. Im palästinensischen Kontext mit seinen fragmentierten und eingeschränkten physischen Versammlungsmöglichkeiten ist es besonders wichtig, digitale Räume für Aktivismus zu schützen und sie für Frauen sicher zu machen.

Gemeinsam mit der palästinensischen NGO TAM – Women & Media Development will PWAG deshalb gegen geschlechtsspezifische Gewalt im Internet vorgehen. TAM begann vor einigen Jahren, sich mit der Prävention von Online-GBV zu beschäftigen. Ausgehend von einer Grundlagenstudie wurden mehrere Projekte entwickelt, die sich mit den Bedürfnissen von Frauen in Bezug auf Online-GBV befassen, zum Beispiel durch eine Informations-Website und eine Helpline.

In unserem gemeinsamen Projekt “To be safe” bekämpft TAM die Ursachen von Online-GBV durch Kapazitätsaufbau und Sensibilisierungsworkshops. Darin lernen Lehrer_innen und Sozialarbeiter_innen aus palästinensischen Schulen in den Gebieten Bethlehem und Hebron, wie sie Betroffene von Online-GBV unterstützen und das Thema mit ihren Schüler_innen behandeln können. Anschließend vermitteln sie den Schüler_innen die notwendigen Fähigkeiten, um ihre Privatsphäre und Sicherheit in der digitalen Sphäre zu verbessern. Das Projekt beinhaltet auch die Möglichkeit, dass Schüler_innen selbst Initiativen planen und umzusetzen, um ihre Mitschüler_innen weiter zu sensibilisieren.

Die De-Normalisierung geschlechtsspezifischer Gewalt im Internet und die Sensibilisierung von Schüler_innen dafür, wie sie ihre Privatsphäre schützen und mit potenzieller Gewalt im digitalen Raum umgehen können, tragen letztendlich zur Prävention von Online-GBV bei. Unser Ziel ist es sicherzustellen, dass das Internet ein sicherer Raum für Frauen und Menschen aller Geschlechter und Sexualitäten ist.