Seit 25 Jahren unterstützt medico international schweiz in El Salvador die Psychodramaausbildung innerhalb der Frauenorganisation Las Mélidas. Mit einer grossen Feier würdigten die Mélidas die engagierte Ausbildungsarbeit der Psychodramadirektorin, Dr. Ursula Hauser, und betonten die Wichtigkeit dieser Therapiemethode im aktuellen politischen Kontext.
«Wir haben Angst», sagt die Direktorin der Frauenorganisation Las Mélidas, an einer Sitzung anfangs Dezember mit der Psychodramatikerin Ursula Hauser. «Vor vier Tagen wurde unser Büro von der Staatssicherheit, der zivilen Polizei und der Staatsanwaltschaft durchsucht. Das weckte Erinnerungen an die Zeit des bewaffneten Konflikts, als paramilitärische Gruppen Leute folterten und umbrachten. Die Bilder von damals holten uns ein. Wir brauchten Unterstützung» (La Prensa Gráfica, 22.11.2021). Ursula Hauser offerierte noch am nächsten Tag eine Psychodramasitzung für die betroffenen Frauen. Im geschützten und sicheren Rahmen der Therapiesitzung konnten sie von ihren traumatischen Erinnerungen sprechen und ihren Gefühlen, einschliesslich Angst, die Wut, die Trauer, die Ohnmacht Ausdruck verleihen. «Wir fühlten uns erleichtert und gestärkt», meint die Leiterin des Psychodramaprojekts der Mélidas nach der therapeutischen Intervention.
«Uns ist bewusst, dass wir vorsichtig sein müssen». Denn seit Präsident Nayib Bukele an der Macht ist und mit autoritären Methoden seinen Regierungskurs umsetzt, geraten soziale und insbesondere Frauenorgansiationen stark unter Druck. Ihre Arbeit wird mit juristischen Schritten und Drohungen massiv erschwert oder sogar ganz verhindert. Um dieser Bedrohung standzuhalten, braucht es Bewusstsein, Widerstandskraft und Zusammenhalt. Seit 25 Jahren bildet Ursula Hauser die Frauen der Mélidas in Psychodrama aus mit einem Fokus auf die politische und soziale Realität. Alle Mitglieder der Mélidas haben einen eigenen therapeutischen Prozess durchlaufen und wissen wie hilfreich das Psychodrama in Notsituationen sein kann. Die ausgebildeten Psychodramatikerinnen leiten heute ihrerseits Gruppen, insbesondere mit Frauen in ländlichen Gemeinden. Viele dieser Frauen fühlten sich in den Gruppensitzungen zum ersten Mal im Leben ernst und wahrgenommen. «Wir haben gelernt zu sprechen», sagen viele. Wer das erlernte Schweigen, die Scham und Scheu der Frauen auf dem Land kennt, versteht die Explosionskraft dieses Satzes.
An der Feier „25 Jahre Psychodrama“ nahmen Frauen aus den verschiedensten Gruppen teil. Ursula Hauser betonte in ihrer Rede, wie wichtig es gerade in der aktuellen politischen Situation sei, die Identität und die Widerstandskraft zu stärken: «Wir müssen unsere eigene sowie gemeinsame Geschichte kennen. Das hilft die Gegenwart zu verstehen und den sozialen und politischen Widerstand zu festigen. Zusammenhalten ist derzeit für Frauen- und feministische Organisationen lebenswichtig.»
