N° 174
Februar 2022
Gemeinschaftsküche in der Friedensgemeinde San Josecito in Kolumbien. Cuisines sans frontières
Cuisines sans frontières David Höner d.hoener@cuisinesansfrontieres.ch Gründer

Cuisine sans frontières (Csf) bittet zu Tisch, um Konflikte zu lösen und Gemeinschaft zu fördern – zum Beispiel mit dem Aufbau von Gemeinschaftsküchen wie in der Friedensgemeinschaft San Josecito in Kolumbien. Bei diesem Aufbau waren verschiedene Freiwillige für Csf im Einsatz, darunter auch David Höner, Gründer von Csf. Er schreibt zu diesem Einsatz folgendes:

«Als Mitarbeitende von Csf waren wir über Wochen oder Monate mit den Menschen vor Ort in engem Kontakt und mussten uns in den sozialen Abläufen dieses Ortes unsere eigene Position erarbeiten. Auch in diesem Projekt versuchten wir, die Bedingungen eines gewalttätigen Umfeldes, positiv zu beeinflussen. Das bedeutet Nähe zu den Ängsten, der Verzweiflung, der Wut und der Widerstandskraft derjenigen, die immer unter diesen bedrohlichen Zuständen (über-)leben müssen. Diese Nähe macht auch Angst. Wenn die Friedensgemeinschaft San José de Apartadò in Kolumbien ständig damit rechnen muss, in einem nächtlichen Überfall massakriert zu werden – eine durchaus berechtigte Befürchtung – macht es auch uns Projektmitarbeitenden Angst, die Nacht dort zu verbringen. Die Vorstellung, des sich mit geschwärztem Gesicht anschleichenden, paramilitärischen Mörders lässt einen mit klopfendem Herzen in die Dunkelheit lauschen. Am Abend sieht man die Angst in den erschöpften Gesichtern der Bewohner:innen des Dorfes, am Morgen die Erleichterung. Mit meiner eigenen, ich-bezogenen Angst hatte auch ich dort zu kämpfen. Aber das dauerhaft flaue Gefühl im Magen löste sich mit der Zeit. Umso mehr, als wir mit dem Bau der Schulküche und der handwerklichen Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Dorfgemeinschaft selbst zu einem Teil des Dorfes wurden. Es entstanden Freundschaften. Um etwas zu bewirken, ist der erste Schritt das Teilen der Befürchtungen, der Unsicherheit, mit der die Menschen in den Projekten leben.»

Neben der direkten Arbeit vor Ort wird auf der politischen Ebene, wo sich die Konfliktparteien und internationale Vermittler, selten Vermittlerinnen, bemühen, Friedensprozesse in Gang zu bringen, wird eine andere Arbeit geleistet. Hier spielen weniger die Emotionen, sondern politische und wirtschaftliche Interessen eine zentrale Rolle. Dabei wird den Stimmen und Bedürfnissen der direkt Betroffenen oft zu wenig Beachtung geschenkt oder gar über ihre Köpfe hinweg entschieden. Damit bleiben zentrale Konfliktursachen ungelöst, denn die Wiederherstellung einer angstfreien Zivilgesellschaft und funktionierender Gemeinwesen sind wichtige Grundlagen für den Frieden. Dazu ist Friedensarbeit an der Basis unbedingt notwendig. Es braucht empathische und gelebte Solidarität an der Basis und eine stärkere Verknüpfung dieser Arbeit mit den offiziellen Friedensprozessen.

Cuisines sans frontières David Höner d.hoener@cuisinesansfrontieres.ch Gründer