Genf, Februar 2020. DCAF
DCAF – Geneva Centre for Security Sector Governance Ayman Ayoub Leiter der Abteilung Naher Osten und Nordafrika

Das Genfer Zentrum für Gouvernanz im Sicherheitssektor (DCAF) unterstützt Gouvernanz- und Reformprozesse im Sicherheitssektor (SSG/R) zur Verbesserung der Sicherheit von Ländern und Gesellschaften – dank Sicherheitsgouvernanzsystemen, die auf den Grundsätzen der Rechenschaftspflicht, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte beruhen. Das bedingt die Zusammenarbeit mit und Unterstützung von staatlichen und nichtstaatlichen Strukturen und Institutionen, die ein Sicherheitssystem garantieren, das an die Bedürfnisse der Menschen angepasst ist. Des Weiteren muss sichergestellt werden, dass Sicherheitsanbieter einer wirksamen zivilen Kontrolle unterliegen, durch die sie zur Verantwortung gezogen werden.

Es mag seltsam erscheinen, in Konfliktsituationen über SSG/R zu sprechen, in denen die Gesellschaften noch darum ringen, das von ihnen gewünschte Gouvernanzsystem und damit den notwendigen institutionellen Rahmen für die Gestaltung und Einleitung von Reformen zu schaffen. Dennoch zeigt die Erfahrung von DCAF, wie wichtig es ist, SSG/R in allen Konfliktlösungs- und Friedensförderungsprozessen frühzeitig anzusprechen.

Interne Konflikte wie im Jemen erzeugen gegenseitige Angst und verstärken das Misstrauen zwischen den Konfliktparteien. Im Glauben, «den anderen» besiegen und die Ursache ihrer Ängste oder die Notwendigkeit, Vertrauen zu einem Gegner aufzubauen, auslöschen zu können, unterstützen sie militärische Konfliktlösungen. In einer solchen Situation können sich nichtstaatliche Akteure und hybride Sicherheitssysteme ausbreiten. Dadurch verschärft sich der Konflikt weiter – nicht zuletzt, weil durch eine «Kriegswirtschaft» Interessengruppen entstehen – und Konfliktparteien daran gehindert werden, Kompromisse einzugehen und eine Einigung zu erzielen. Stattdessen geraten sie in einen Teufelskreis, in dem die Parteien umso mehr in ihren jeweiligen Positionen verharren, je länger der Konflikt dauert.

Vertrauensbildende Massnahmen und Garantien, durch die sich die Kriegsparteien darauf verlassen können, dass gemeinsame Zugeständnisse und Vereinbarungen gefunden und eingehalten werden können, sind für Fortschritte im Friedensprozess von entscheidender Bedeutung. DCAF glaubt, dass die Entschlossenheit der Konfliktparteien, ein Abkommen auszuhandeln, zunimmt, wenn beide Seiten solche Zugeständnisse machen und Garantien als integraler Bestandteil von Vereinbarungen angesehen werden. Entsprechende Zugeständnisse und akzeptierte Garantien werden möglich, wenn die Parteien auf eine Zukunftsvision hinarbeiten, die auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner beruht. In der Gouvernanz des Sicherheitssektors kommt dies durch weitreichende Abkommen oder ein gemeinsames Verständnis darüber zum Ausdruck, was für ein Sicherheitssektor in Zukunft gewünscht ist und wie er strukturiert, reguliert und verwaltet werden soll. Solange die Parteien voll und ganz in eine solche Vision eingebunden und einbezogen werden, haben sie das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben, und können auf den Lauf der Dinge und damit auch auf die Einhaltung von Garantiezusagen Einfluss nehmen. In gewisser Weise fühlt sich jeder von ihnen legitimiert und ermächtigt, als «Wächter:in» über das zu entscheiden, was alle anderen tun dürfen oder nicht tun dürfen. So werden die Parteien den integrierten Garantien auch viel mehr trauen als externen Garantien, die häufig künstlich oder auferlegt sind und deren Nachhaltigkeit in Frage gestellt werden kann.

DCAF erprobt diesen Ansatz erfolgreich in seinem Unterstützungsprogramm im Jemen und bietet einen kompetenten, inklusiven und neutralen Ort für den Dialog über kurzfristige Sicherheitsbedenken und -massnahmen, um längerfristige Sicherheitskonzepte zwischen den Konfliktparteien zu erarbeiten.

DCAF – Geneva Centre for Security Sector Governance Ayman Ayoub Leiter der Abteilung Naher Osten und Nordafrika