Dienstleistungsnutzer:innen, Mitarbeiter:innen und Freiwillige des Ägyptischen Roten Halbmonds (ERC) im Oktober 2021. ERC
Schweizerisches Rotes Kreuz Jürg Graf Juerg.Graf@redcross.ch Program Manager

Kairo hat knapp 22 Millionen Einwohner:innen und kämpft mit Überbevölkerung. Das starke Bevölkerungswachstum und eine Armutsquote von rund 25 Prozent ziehen nach sich, dass viele Menschen um Jobs, Wohnraum und öffentliche Güter wie Gesundheitsdienste, Ausbildung und sanitäre Anlagen konkurrieren.

Zur vulnerabelsten Bevölkerung in Kairo gehören unter anderem Migrant:innen und Geflüchtete. Als geografisches Bindeglied zwischen dem Nahen Osten, Afrika und Europa ist Ägypten eines der wichtigsten Durchgangs- und Zielländer für Migrant:innen und Geflüchtete aus Subsahara-Afrika und Syrien. Die Migrant:innen kommen in ärmlichen städtischen Gebieten unter, wo die ansässige ägyptische Gemeinschaft bereits mit schwierigen Lebensumständen kämpft, und erleben dort oft Diskriminierung, Ablehnung und Gewalt. Sie haben nur begrenzte Möglichkeiten für wirtschaftliche Tätigkeiten und der Zugang zu öffentlichen Gütern ist erschwert. Insbesondere bei Migrant:innen aus Subsahara-Afrika trägt die Sprachbarriere zudem weiter zur Ausgrenzung bei und erhöht das Risiko der Ausbeutung.

2017 startete das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und dem Ägyptischen Roten Halbmond (ÄRH) in den Stadtteilen von Kairo, in denen viele Migrant:innen leben. Die Themen: Resilienz von Gemeinschaften und sozialer Zusammenhalt. Dank der finanziellen Unterstützung der EU[1] und des EDA konnte der ÄRH sechs Anlaufstellen für die Gemeinschaft schaffen, wo Migrant:innen und Ägypter:innen kostenlosen Zugang zu Gesundheitsdiensten und Unterstützung bei der Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation erhalten. Diese Anlaufstellen, die sowohl von Personal des ÄRH als auch Freiwilligen betrieben werden, suchen ihrerseits Freiwillige unter den verschiedenen Migrationsgruppen. Diese erleichtern den Zugang zu den Gemeinschaften und können bei Bedarf Übersetzungsleistungen erbringen.

Obwohl Migrant:innen theoretisch Zugang zu den staatlichen Gesundheitsdienstleistern haben, gibt es in Wirklichkeit viele Hürden, wie etwa die Sprache, Diskriminierung und die Servicequalität. Darum umfassen die Dienste der Anlaufstelle auch die Primär- und Sekundärversorgung (z. B. Kinderheilkunde, Gynäkologie, Dermatologie), die Abgabe kostenloser Medikamente, Testungen auf übertragbare und nicht übertragbare Krankheiten sowie Seminare für Gesundheitsbildung.

Die Migrant:innen leiden angesichts der Umstände, die sie in ihren Heimatländern, während der Reise und bei der oftmals schwierigen Umsiedlung in ihre neue Umgebung erlebt haben unter einer hohen psychischen Belastung. Darum gehört auch die psychosoziale Unterstützung zum Grundangebot der Anlaufstellen.

Migrant:innen sowie Mitglieder der Aufnahmegemeinschaft können zudem vom beruflichen Trainingsangebot in den Anlaufstellen und Partnerbildungszentren profitieren (z. B. nähen, reparieren von Mobiltelefonen) und damit ihre Erwerbsmöglichkeiten verbessern. Wer ein Training abschliesst, erhält ein Startkapital für ein Mikro-Unternehmen. Darüber hinaus finden Migrant:innen durch Trainings zur Beschäftigungsfähigkeit bezahlte Arbeit, durch die sie ein stabiles Einkommen für sich und ihre Familie sichern können.

Das SRK hält fest, dass die Dienste der verschiedenen Anlaufstellen in Kairo die Gesundheit und die wirtschaftlichen Chancen der Nutzer:innen verbessern und so zur Stärkung ihrer Gesamtresilienz beitragen. Der soziale Zusammenhalt in den Stadtteilen soll gestärkt werden, indem die Dienste nicht nur den Migrant:innen und Geflüchteten, sondern auch der lokalen ägyptischen Bevölkerung zur Verfügung stehen. So ist niemand ausgeschlossen und der positive Kontakt zwischen verschiedenen Gruppen wird gefördert.

[1] EU-Notfallfonds für Stabilität und die Bekämpfung der Grundursache irregulärer Migration und Binnenvertriebener in Afrika

Schweizerisches Rotes Kreuz Jürg Graf Juerg.Graf@redcross.ch Program Manager