Mentoring-Sitzung der "Amanjara Women's Support Group" in Adjumani (Uganda), Refugee Law Project

Uganda, Heimat von 42,7 Millionen Menschen (Stand per 2018), davon 1,4 Millionen Geflüchtete (Stand per 30. Mai 2020), hat im Umgang mit den Bewegungen, die durch die fragile Geopolitik in der Region der Grossen Seen ausgelöst wurden, wichtige Fortschritte erzielt. Das im Vergleich zu einigen seiner Nachbarn relativ friedliche Land ist ein wachsendes Wirtschaftszentrum im laufenden Öffnungsprozess. Im Compendium of Conflicts in Uganda (2015) der Organisation Refugee Law Project ist nachzulesen, dass ein erheblicher Teil der ugandischen Bevölkerung selbst Opfer erzwungener Migration war.

Die Aufnahmegemeinschaften in Uganda werden durch die Beherbergung von Zwangsmigrant_innen in der Region beeinflusst. Diese Dynamik erschwert die ohnehin schon komplexen sozioökonomischen Bedingungen, bringt jedoch neben Herausforderungen auch Chancen mit sich. Die Folgen der Aufnahme von Vertriebenen für den Arbeitsmarkt wurden in akademischen und politischen Kreisen intensiv diskutiert. Einerseits kann Zwangsvertreibung zum Ausgleich eines sektoriellen Arbeitskräftemangels beitragen, insbesondere wenn die Zuwandernden Kompetenzen besitzen, die diejenigen der Aufnahmebevölkerung ergänzen oder nützlich für sie sind. Andererseits kann der Arbeitsmarktzugang für Migrant_innen, die zur Flucht gezwungen wurden, darin resultieren, dass mehr Wettbewerb um eine noch geringere Anzahl Arbeitsplätze entsteht und somit das Wohlergehen der Bevölkerung beeinträchtigt wird.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verfügbarkeit von Ressourcen und Infrastruktur. Die durchschnttliche Familie im ländlichen Uganda besitzt ein bescheidenes Stück Land, das sie mit Nahrung, Wasser, Feuerholz und Dachstroh versorgt. Durch Zwangsmigrant_innen erhöht sich zwar meist der Nachfragedruck auf die Nahversorgung, aber möglicherweise werden auch Investitionen internationaler Organisationen in den öffentlichen Sektor angezogen. Laut einer Studie von Kreibaum (2016) wurde mit der Einrichtung zusätzlicher, durch Nichtregierungsorganisationen (NGO) finanzierter Schulen nicht nur der Druck auf die Regierung Ugandas verringert, die eine steigende Nachfrage nach Bildungsangeboten bedienen muss, sondern auch der Zugang zu Bildung in den aufnehmenden Bezirken sowie ihrer Umgebung verbessert.

Bemerkenswert ist auch, dass die Aufnahme von Zwangsmigrant_innen eine vielfältigere, inklusivere Gesellschaft ermöglicht. In Uganda zeigte sich die aufnehmende Bevölkerung grosszügig und lieh der Regierung Land zur Unterbringung von Zwangsmigrant_innen. Diese Unterstützung hat erheblich zum friedlichen Zusammenleben von Geflüchteten und Aufnahmegemeinschaften beigetragen. Dies ist jedoch nur ein Beispiel für relativen Frieden, das nicht stellvertretend für die komplexe Gesamtsituation steht. Beide Gemeinschaften sind mit nicht verarbeiteten Altlasten aus Konflikten und/oder Katastrophen konfrontiert, die sie dazu veranlasst haben, in Lagern für Binnenvertriebene (IDPs) oder Flüchtlingssiedlungsgebieten außerhalb ihres Herkunftslandes Zuflucht zu suchen. Man muss sich stets vor Augen halten, dass der Zustrom von vertriebenen Bevölkerungsgruppen in der Aufnahmegemeinschaft auch Verunsicherung hervorrufen kann. Nachrichten und Untersuchungsberichten zufolge kam es zu mehreren Ausschreitungen und fremdenfeindlichen Übergriffen, deren Ursache hauptsächlich die wahrgenommene Ungleichbehandlung bei der Bereitstellung von Basisleistungen war. Für ein dauerhaft friedliches Zusammenleben dürfen diese Gegebenheiten in der Forschung, bei der Politikgestaltung und der Dienstleistungserbringung nicht ignoriert werden.

Abschliessend ist festzuhalten, dass der Weg zu nachhaltigem Frieden unter den Vertriebenen und ihren Gastgebern über ein bewusstes und inklusives politisches Grundgerüst führt, das die besonderen Bedürfnisse von Zwangsmigrant_innen und der aufnehmenden Bevölkerung berücksichtigt. Damit dieser Ansatz Wirkung zeigt, muss er selbstverständlich auf funktionierenden Führungsstrukturen beruhen.