Frauenstreik 2019,Bundesplatz / Daniel Stampfli
cfd — die feministische Friedensorganisation Dominique Lysser assistenz.cfd@cfd-ch.org Mitarbeiterin Programme und Kommunikation

2020 ist ein Jahr wichtiger Jubiläen der Frauenrechte: Die UN-Resolution 1325 wurde vor 20 Jahren verabschiedet. Die vierte UNO-Weltfrauenkonferenz von Bejing formulierte vor 25 Jahren einen umfassenden Massnahmenkatalog zu zwölf Themen, die sogenannte Aktionsplattform von Beijing. Vor 40 Jahren trat das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) in Kraft. Können wir also die Frauenrechte feiern? Nein, denn die Fortschritte sind langsam und die Forderungsmassnahmen bleiben nicht selten wirkungslos.

Die internationalen Instrumente stellen nicht nur den rechtlichen Rahmen für die Geschlechtergleichstellung in der Welt, sondern leisten gleichzeitig einen unverzichtbaren Beitrag für den Frieden. «Je höher die Geschlechtergleichstellung in einer Gesellschaft, desto friedlicher ist sie», so Pascale Baeriswyl, Chefin der Ständigen Mission der Schweiz bei den Vereinten Nationen in New York.

Die Schweiz hat sich mit der Ratifizierung dieser Abkommen zu aussen- wie auch innenpolitischen Gleichstellungszielen verpflichtet. Die Zahlen sind jedoch entmutigend: Mit nur 4 % sind Frauen am Verhandlungstisch in Friedensprozessen stark unterrepräsentiert. Frauen besetzen nur 30 % der Führungspositionen in Unternehmen in der Schweiz. Die Schweizer Covid-19 Task Force besteht aus zwei Frauen und fünfmal so vielen Männern. Gleichzeitig sind Frauen – wie die Coronakrise aufgezeigt hat – in Pflegeberufen deutlich überrepräsentiert. Auch leisten sie nach wie vor die grosse Mehrheit der unbezahlten und unterbezahlten Haus- und Care-Arbeit. Die Statistiken zu häuslicher Gewalt zeigen, wie verbreitet und alltäglich Gewalt an Frauen in unserer Gesellschaft ist. In der Schweiz gibt es trotz der CEDAW-Empfehlungen in 9 von 26 Kantonen noch immer kein Gleichstellungsbüro. Ein Grund zum Verzweifeln? Nein, aber unsere Ungeduld muss unsere Triebfeder für Veränderungen bleiben.

Es braucht den Druck von der Strasse

Am 14. Juni 2019 mobilisierte der Frauenstreik mehr als eine halbe Million Menschen. Die Forderungen nach einem stärkeren institutionellen Engagement und nach der tatsächlichen Anwendung der internationalen Konventionen verhallten nicht ungehört. Nach den Wahlen im letzten Oktober stieg der Frauenanteil im Parlament auf 42 %. Politiker_innen sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite des politischen Spektrums sagen inzwischen öffentlich, dass eine Revision des Lohngleichheitsgesetzes nicht ausreicht, um die systemischen Ungleichheiten zu beheben. Zudem stellte eine feministische Sondersession vom 11. – 13. September 2020 die föderale Politik des Krisenmanagements während Corona in Frage – eine Politik, welche die Lebensrealitäten von Frauen kaum berücksichtigt.

Auch im Jahr 2000 wäre es ohne den Druck von der Strasse nicht zur Annahme der Resolution 1325 durch den UN-Sicherheitsrat gekommen. Vor zwanzig Jahren forderten Frauen die gleichberechtigte Partizipation in friedenspolitischen Entscheidungsprozessen. Die Forderung heute ist dieselbe wie damals. Um eine gleichberechtigte Partizipation zu erreichen, ist die politische und wirtschaftliche Stärkung von Frauen Grundvoraussetzung. Zwanzig Jahre nach dem Inkrafttreten der Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates sehen wir Fortschritte auf dem Weg zu einem positiven und egalitären Frieden. Diese ermutigen uns, als Vertreter_innen der Zivilgesellschaft, weiter griffige institutionelle und politische Antworten auf unsere Forderungen zu verlangen. Wir verzweifeln nicht, aber wir feiern auch (noch) nicht. Wir bleiben mit Überzeugung und Hartnäckigkeit dran. Gemeinsam erreichen wir unsere Ziele. Noch vor dem 40. Jubiläum!

cfd — die feministische Friedensorganisation Dominique Lysser assistenz.cfd@cfd-ch.org Mitarbeiterin Programme und Kommunikation