Honduras, 2019 © Peace Brigades International

Die Verteidigung von Menschenrechten in Zentral- und Südamerika ist besonders für Frauen mit hohen Risiken verbunden. Trotz der Gefahren tragen Frauen massgeblich zum Schutz von Landrechten und Umwelt, aber auch zur Geschlechtergleichstellung bei und schaffen so Raum für Frieden.

Das Unterziel 6 des thematischen Schwerpunkts „Wirkungsvoller Einbezug von Frauen in die Konfliktprävention“ des 4. Nationalen Aktionsplans 1325 der Schweiz zu Frauen, Frieden und Sicherheit, bezweckt die „Anerkennung der spezifisch prekären Situation von Menschenrechtsverteidigerinnen und den Schutz ihrer Arbeit“. Internationale Aufmerksamkeit und Anerkennung sind wichtig für den Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen, jedoch erfordern die geschlechtsspezifischen Risiken und Hindernisse, mit denen Menschenrechtsverteidigerinnen kämpfen, auch staatliche Massnahmen mit einem intersektionalen Gender-Fokus.

Kriminalisierung der Menschenrechtsverteidigerinnen, Straflosigkeit für Täter und Militarisierung der öffentlichen Sicherheit – gefährliche Widersprüche in Honduras

Laut dem PBI Bericht „Defending the Land has a Woman’s Name“ wurden zwischen 2013 und 2018 in Honduras 642 Menschenrechtsverteidigerinnen strafrechtlich verfolgt, viele von ihnen im Kontext ihres Aktivismus’ zu Landrechten und Umweltschutz. Ausserdem wurden in Honduras in den vergangenen zwei Jahren fünf Menschenrechtsverteidigerinnen getötet und zwischen 2016 und 2017 insgesamt 1’232 Attacken auf Menschenrechtsverteidigerinnen, ihre Angehörigen oder ihre Organisationen verübt. Dabei bleiben die Täter oft unbestraft.

In den letzten sechs Jahren wurden die Staatsausgaben für Sicherheit und Verteidigung um 112% erhöht und die Präsenz der Militärpolizei für die öffentliche Sicherheit stetig erweitert. Für Menschenrechtsverteidigerinnen, welche neben ihrem  Aktivismus meist auch Verantwortung für ihre Familien tragen, sind Begegnungen mit der Militärpolizei oft hoch traumatisch. María Felícita López, die Koordinatorin der indigenen Lenka Bewegung von La Paz – Honduras (MILPAH) berichtete von einer nächtlichen Hausdurchsuchung durch die Militärpolizei: „Sie schossen drei Mal auf meinen elfjährigen Sohn, Gott sei Dank, dass sie ihn nicht getroffen haben. Sie nannten mich Schlampe und Drogendealerin“. Die Frauen von MILPAH, welche in dieser Nacht angegriffen wurden, zeigten diesen Vorfall an.  Die Täter wurden  jedoch ohne Strafe entlassen – ein weit verbreitetes, systemisches  Problem.

2015 wurde ein nationales Dekret zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen erlassen, die Verordnung wurde jedoch mangelhaft umgesetzt. Kritisiert wird ein Mangel an finanziellen Mitteln, Transparenz und ausgebildetem Personal. Auf Anregung der Zivilgesellschaft wurde die Verordnung um präventive, wirtschaftliche und psychosoziale Massnahmen erweitert, für die Umsetzung ist jedoch meist die Polizei zuständig. Verteidigerinnen müssen sexistische Behandlung durch männliche Polizeibeamte erdulden und die Polizei ist so Täter und Beschützer zu gleich. Abgesehen davon sind lokale Behörden oft nicht mit der Verordnung vertraut und sind nicht in Menschenrechtsfragen, Gender-Problematiken und Schutzmassnahmen geschult. Viele Menschenrechtsverteidigerinnen misstrauen deshalb staatlichen Behörden und nur 18.5% der Verteidigerinnen die Opfer von Attacken wurden erheben Klage.

Genderperspektive in staatlichen Institutionen und Gesetzgebung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen

In Honduras und anderen Ländern in denen Peace Brigades International (PBI) tätig ist, stellen Straflosigkeit, die Militarisierung der öffentlichen Sicherheit und Kriminalisierung der legitimen Arbeit für Menschenrechte grosse Probleme für Menschenrechtsverteidigerinnen dar. Zwar betreffen diese Probleme auch Männer, für Frauen ist die Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts aber ein weiteres Hindernis, welches bis heute in Gesetzen und staatlichen Institutionen ungenügend berücksichtigt wird. Neben physischer Begleitung und psychosozialer Unterstützung von Menschenrechtsverteidigerinnen betreibt PBI deshalb auch Advocacy-Arbeit und steht in ständigem Kontakt mit lokalen und nationalen Behörden um sich dafür einzusetzen, dass die Stigmatisierung, Kriminalisierung und Verfolgung aufhört und die wichtige Arbeit von Menschenrechtsverteidigerinnen für Frieden anerkannt und geschützt wird.