Matthias Zomer, 2016 / Pexels
swisspeace Leandra Bias Leandra.Bias@swisspeace.ch Gender & Peacebuilding Advisor

Das laufende Projekt von KOFF, cfd und PWAG setzt sich mit dem Begriff der Partizipation im Sinne der UNSCR 1325 auseinander. Vielerorts wurde festgestellt, dass sich die Beteiligung darauf beschränkt, Frauen nur zu zählen, ihrem Wort aber kein Gewicht zu verleihen. Das wollen wir ändern!

Im Zentrum der Resolution standen ursprünglich Frauen aus dem globalen Süden, die nicht nur von Konflikten betroffen waren, sondern auch das befremdliche Gefühl hatten, dass sie von der internationalen Diplomatie nur beschwichtigt wurden. Die von Frauen tatsächlich geleistete Friedensförderung blieb unbeachtet, obwohl sie als die massgeblichsten zivilen Akteure inmitten von Kriegen gewaltfreie Methoden anwenden und den Dialog suchen, um zwischen verhärteten Fronten zu vermitteln. Sie sind es, die selbst unter widrigsten Umständen originelle Wege finden, ihre Familie zu ernähren. Das alles zählt zur Fürsorgearbeit. Denn Fürsorge bedeutet Anteilnahme und Deeskalation – beides tägliche Pflichten emotionaler Arbeit. Doch genau wie un(ter)bezahlte Fürsorgearbeit in Friedenszeiten, ist sie bei gewaltsamen Konflikten unsichtbar. So bleibt uns verborgen, dass diese Fürsorgearbeit die eigentliche Grundlage für unser Gefühl von Sicherheit bildet. Wir sind von Natur aus auf zwischenmenschliche Beziehungen angewiesen. Keiner von uns könnte seinen Tag bewältigen, wenn nicht an vielen Stellen diskret für uns gesorgt würde. Fürsorge befähigt uns. Sie sichert unser Überleben, lässt uns Konflikte lösen und führt entzweite Gemeinschaften wieder zusammen.

Deshalb reicht es nicht aus, einfach nur eine Frauenquote am Konferenztisch zu erfüllen. Wir nehmen den Jahrestag der Resolution als Anlass, mehr zu fordern. Wir wollen, dass Frauen für ihre Partizipation an Friedensprozessen anerkannt werden, die sie durch unablässige Fürsorge bereits in grossem Umfang leisten. Aus dieser Sicht ist ein Platz am Konferenztisch das Mindeste. Es würde die Resolution einen Schritt voranbringen, Fürsorgearbeit als den Beitrag gelten zu lassen, den sie tatsächlich darstellt, und sie somit auch als Last zu sehen, die gleichmässig verteilt werden muss. Der Aufbau nachhaltiger friedlicher Gesellschaften bedeutet demnach, auf Budgets zu bestehen, die einen Teil der Fürsorgeverantwortung verstaatlichen, und eine Politik einzuschlagen, die auch Männer in die «Fürsorgepflicht» nimmt. Sich allein auf die «Stärkung» der Frauen zu beschränken, wird der Herausforderung nicht gerecht.

Nur wenn wir anerkennen, dass die Fürsorgetätigkeit von Frauen für grundlegende Sicherheit sorgt, können wir die UNSCR 1325 auch wieder mit der Innenpolitik verbinden. Der globale Norden, einschliesslich der Schweiz, hat sich darauf bequemt, allein die aussenpolitische Bedeutung der Resolution zu beachten. Dies konkretisiert nicht nur internationale Machtasymmetrien, sondern verschleiert im Wesentlichen auch das Vorhandensein von Gewalt und Ausgrenzung in diesen Ländern, als würden diese vor den Grenzen eines Staates oder in diesem Fall Europas haltmachen. In der Schweiz, wo sich alle zwei Wochen ein Frauenmord ereignet, wo eine von fünf Frauen schon einmal Opfer sexueller Gewalt wurde und wo in erster Linie Frauen dafür gesorgt haben, dass wir die Corona-Pandemie überstehen, und dennoch bei den jeweiligen Entscheidungsprozessen stark unterrepräsentiert waren, hat die UNSCR 1325 durchaus eine nationale Bedeutung.

swisspeace Leandra Bias Leandra.Bias@swisspeace.ch Gender & Peacebuilding Advisor