Ein Arzt besucht eine Rohingya-Frau in einer humanitären Klinik in den Flüchtlingslagern in Cox's Bazar, Bangladesch. Bild: TWB/Fahim Hasan Ahad

Es ist eine Frage, die wir nicht oft stellen. Doch die meisten humanitären Kontexte sind mehrsprachig, und marginalisierte Bevölkerungsgruppen sprechen selten eine nationale oder internationale Sprache. Eine aktuelle Studie zeigt, dass auch die Rohingya-Gemeinschaft durch die Sprache ausgeschlossen ist.

Translators without Borders (TWB) unterstützt seit 2017 die Rohingya-Flüchtlingshilfe in Bangladesch sprachlich. Anhand von Forschung und der Beratung von Flüchtlingen und Menschenrechtlern_innen identifizieren wir Sprach- und Kommunikationsfehler. Diese betreffen Terminologien, Übersetzungen sowie bildliche und audiovisuelle Hilfsmittel. Wir beraten und schulen auch Mitarbeitende und Freiwillige, um die Kommunikationsfähigkeit zu verbessern.

In einer neuen Studie bewertet TWB die Auswirkungen von Kommunikationsherausforderungen auf die Rohingya-Gemeinschaften auf beiden Seiten der Grenze zwischen Bangladesch und Myanmar. Dabei wird untersucht, wie sich Sprachbarrieren auf den Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen in Cox’s Bazar und Sittwe auswirken.

Die Studie zeigt, dass einsprachige Rohingya in beiden Ländern beim Zugang zu hochwertigen humanitären Dienstleistungen benachteiligt sind und das betrifft den grössten Teil, denn die meisten von ihnen sprechen nur Rohingya.  Frauen, Menschen aus ländlichen Gebieten, neu angekommene Flüchtlinge und weniger gebildete Menschen sind mit grosser Wahrscheinlichkeit einsprachig.

Rohingya, die nicht in der Lage sind, die Sprachen der humanitären Helfer_innen zu sprechen, sind von zweisprachigen Vermittelnden abhängig. Ohne sie können sie ihre Bedürfnisse und Anliegen nicht vermitteln, auf Informationen zugreifen oder mit Entscheidungstragenden in Kontakt treten.

Aber die Vermittler und Vermittlerinnen – hauptsächlich Chittagonisten in Bangladesch und Rakhine in Myanmar – sind auf diese Rolle weitgehend nicht vorbereitet. Vielen fehlt es an Training, Beratung und Ressourcen, um ihr Verständnis für die Sprache und Kultur der Rohingya zu entwickeln. Auch erhalten sie in der Regel keine Ausbildung in Dolmetschen und Kulturvermittlung.

Infolgedessen verpassen Vermittler_innen verbale und nonverbale Hinweise, die ihnen helfen könnten, die Rohingya besser zu verstehen. Sie führen getrennte bilaterale Gespräche mit beiden Parteien, anstatt die direkte Zusammenarbeit zwischen ihnen zu erleichtern. Und die Kontrolle, die dies dem Vermittelnden gibt – er oder sie entscheidet welche Informationen weitergegeben werden – löst auf beiden Seiten Misstrauen aus. Vertrauen und Kommunikation brechen zusammen, und allzu oft werden Menschen, die Unterstützung benötigen, schlecht bedient und frustriert zurückgelassen.

Dies reduziert den Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen und verschärft die bestehenden Spannungen mit den Nachbargemeinden. Die auf Myanmar und Rakhine ausgerichtete Programme für den sozialen Zusammenhalt zementieren die Ausgrenzung und verpassen Möglichkeiten, Brücken zu bauen.

Humanitäre Organisationen sind sich dieser Dynamik und ihrer Auswirkungen auf die Reichweite, Wirksamkeit und Verantwortlichkeit ihrer Programme weitgehend nicht bewusst. Eine Umfrage unter humanitärem Personal in beiden Kontexten ergab, dass sie die Sprachkenntnisse der Rohingya-Gemeinschaft und die Ähnlichkeiten zwischen Rohingya und anderen Sprachen generell überschätzen. Auch die befragten Dienstleister_innen sahen Sprachbarrieren als weniger gravierend an als die Rohingya-Befragten.

Dies sollte Anlass zu ernsthafter Sorge um die Effizienz humanitärer Hilfe sowohl in Bangladesch als auch in Myanmar geben. Aber es gibt Lösungen. Dazu gehören:

– Klare Kommunikation, Vermeidung von Fachjargon und Anwendung klarer Sprachgrundsätze

– Aufbau der Sprachkenntnisse und des kulturellen Bewusstseins der Mitarbeiter_innen

– Planungsleistungen, die Zeit für das Dolmetschen und die interkulturelle Kommunikation