Trauma- und Versöhnungsarbeit mit Frauen in Bosnien-Herzegowina. Foto von Vive Žene
IAMANEH Schweiz Isabelle Jost ijost@iamaneh.ch

Für IAMANEH Schweiz und unsere lokalen Partnerorganisationen ist der psychosoziale Ansatz zentral für die Arbeit mit gewaltbetroffenen Frauen und Mädchen. In Bosnien und Herzegowina sind auch 20 Jahre nach dem Krieg ethnische Spannungen weiterhin omnipräsent und die Fragmentierung der Gesellschaft wird durch eine nationalistische und separatistische Politik gestärkt und zementiert.

In Ostbosnien wendet unsere Partnerorganisation Vive Žene deshalb einen gemeinschaftsbasierten psychosozialen Ansatz in der Arbeit mit bosniakischen Rückkehrern_innen sowie der ansässigen bosnisch-serbischen Bevölkerung an. Dieser gemeinschaftsbasierte psychosoziale Ansatz setzt auf die kollektive Verarbeitung von Trauma und Trauer. Die betroffenen Gemeinschaften arbeiten dabei stark mit ihren eigenen Ressourcen und Fähigkeiten, setzen sich mit der Vergangenheit auseinander und tragen dadurch zum kollektiven Heilungs- und Versöhnungsprozess bei. Durch ihre langjährige Erfahrung in der Gewaltarbeit und Kriegstraumatherapie hat Vive Žene, aufbauend auf Ansätzen von diversen Experten_innen, eine eigene Methode entwickelt, um mit ethnisch gemischten Gruppen zu arbeiten. Diese Methode beinhaltet in einem ersten Schritt den Aufbau einer Vertrauensbasis zwischen den Bevölkerungsgruppen. Es folgt eine Phase der gemeinsamen Gruppenarbeit. Dabei liegt der Fokus zuerst auf dem Kennenlernen der «anderen Seite». Die Teilnehmenden sollen deren Alltagssituationen und Herausforderungen verstehen. Erst danach werden traumatische Erlebnisse gemeinsam besprochen und unter anderem über gestalt-therapeutische Methoden verarbeitet. Diese Methode beinhaltet beispielsweise das Malen von Bildern des Erlebten, gefolgt von einem gemeinsamen Austausch über die gewählte Bildsprache und deren Bedeutung. In einem letzten Schritt werden persönliche Beziehungen zwischen den Mitgliedern der verschiedenen Bevölkerungsgruppen weiter gestärkt und vertieft.

Das Finden von sogenannten «connectors» und «dividers», also von verbindenden und trennenden Elementen in einer Gesellschaft, ist im gesamten Prozess zentral. Gerade bei der Arbeit mit Frauengruppen stellen z.B. häusliche Gewalt wie auch die schlechte Stellung von Frauen gemeinsame Probleme dar, welche die Frauen über die ethnischen Spaltungen hinweg vereinen. Die Teilnahme in diesen Gruppen stärkt also nicht nur die Beziehungen zwischen den Bevölkerungsgruppen, sondern stärkt und ermutigt auch die involvierten Frauen, ihre Position in ihrer eigenen Gemeinschaft zu verbessern und ihre Rechte einzufordern.

IAMANEH Schweiz Isabelle Jost ijost@iamaneh.ch