Sozialtherapie in Ruanda. Foto von Eirene Suisse

Fragile Kontexte sind zu einem Schwerpunktbereich der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit geworden. Zwischenmenschliche Aspekte und der psychosoziale Ansatz gewinnen bei Facheinsätzen in betroffenen Regionen deshalb an Bedeutung.

Fragile Kontexte gehören zu den grössten Hindernissen in der Bekämpfung der Armut und in der Friedensbildung. Vor diesem Hintergrund stellt sich eine von Unité durchgeführte Studie in Ruanda und der Region Kivu (Demokratische Republik Kongo) der Frage nach Wirkung, Risiken und Chancen für Personaleinsätze in fragilen Kontexten.

Eine einheitliche Definition von fragilen Kontexten gibt es nicht. International ist anerkannt, dass Länder, in denen staatliche Institutionen schwach oder instabil sind und deren Bevölkerung unter grosser Armut, Gewalt, Korruption und politischer Willkür leiden, als fragil eingestuft werden. Die Studie ergänzt dieses Konzept mit den spezifischen psychologischen und emotionalen Faktoren, die in fragilen Gesellschaften existieren. Minderwertigkeitsgefühl, Viktimisierung und fehlende persönliche Perspektiven sind die treibenden Kräfte für Konflikte. Um lokale Gesellschaften zusammenzubringen und zu mobilisieren, ist der Dialog zentral. Hier spielen zivilgesellschaftliche Organisationen eine entscheidende Rolle.

Die in der Studie befragten Organisationen bedürfen nicht in erster Linie Konzepte zu ihrer Friedens- und Versöhnungsarbeit aus dem Norden. Diese beherrschen sie im Allgemeinen gut. Den Mehrwert der Zusammenarbeit mit Schweizer Organisationen sehen sie insbesondere im zwischenmenschlichen und kulturellen Bereich.

In Krisenkontexten herrschen ein Klima des gegenseitigen Misstrauens und ein greifbarer Mangel an vertrauensbasierten Beziehungen. Dieser Kontext bildet sich nicht nur in den Beziehungen zwischen verschiedenen Gruppen oder Institutionen ab, sondern auch innerhalb derer eigenen Strukturen. Internationale Fachleute, die nicht in lokale Spannungen involviert sind, eröffnen neue Handlungsoptionen und schaffen Netzwerke. Die Fähigkeit zur Inspiration, die Stärkung des Selbstwertgefühls der lokalen Mitarbeitenden sowie die Planungs- und Strukturierungskultur zählen zu den gewichtigsten Beiträgen der Zusammenarbeit mit Einsatzleistenden.

Interkulturelle und interpersonelle Kollaborationen stärken das Humankapital der Einzelpersonen in ihrer Umwelt. Sie schaffen Raum für emotionale Bedürfnisse. Dies ist eine Grundvoraussetzung für bessere interpersonelle Beziehungen. In fragilen Kontexten sind psychologische und emotionale Faktoren besonders wichtig. Sie haben einen starken Einfluss auf die Situation. Psychosoziale Ansätze sind deshalb für die Transformation eines Konflikts von grosser Bedeutung.

Die Studie formuliert weitere Vorschläge für Massnahmen, wie zum Beispiel die Zusammenarbeit mit der Diaspora. Das zentrale Ergebnis der Studie ist, dass nicht allein die technische Zusammenarbeit im Vordergrund stehen kann. Was die Personaleinsätze ausmacht, ist der direkte Kontakt zwischen den Menschen.