N° 148
November 2016
SAD Marc Probst marc.probst@sad.ch Geschäftsleiter

Interview mit Marc Probst, Geschäftsleiter der Swiss Academy for Development (SAD)

swisspeace: In Kürze: Was ist die Aufgabe der SAD?

Marc Probst: Die SAD fördert seit 1991 die Entwicklungschancen von Kindern und jungen Erwachsenen in 19 Ländern, einschliesslich der Schweiz. Über Sport und Spiel verändert die SAD das Leben benachteiligter und ausgegrenzter Jugendlicher langfristig, indem man ihnen beibringt, wie sie engagierte, gesund ernährte, gebildete BürgerInnen werden können, die einer geregelten Beschäftigung nachgehen.

Wie werden Risikogruppen identifiziert und wie kann dann gezielt Einfluss ausgeübt werden?

Unsere langjährige Erfahrung in verschiedenen Ländern zeigt, dass man in diesem Bereich unbedingt partizipativ mit und durch lokale Partnerorganisationen an der Basis arbeiten muss. Lokale Partner bemerken am ehesten Veränderungen des Benehmens und der Haltung junger Leute oder von Gruppen, die auf eine extremistische Tendenz hinweisen. Durch diesen Ansatz können wir von den Erkenntnissen unserer Partnerorganisationen im lokalen Kontext profitieren und den stark bedürftigen Gruppen persönliche Kontakte bieten.

Welche sind die Risikoindikatoren der Radikalisierung?

Wir können mit einer relativ hohen Sicherheit sagen, dass eine anhaltend hohe Arbeitslosenquote die Verbreitung von Extremismus begünstigt. Wir wissen auch, dass Einzelpersonen von einer durch Schuldzuweisung und Scham geprägten Kultur zur Gewalt getrieben werden können. Allerdings sind Radikalisierungsprozesse hochkomplex und schwierig vorauszusehen oder zu prognostizieren und es gibt nach wie vor keine verlässlichen statistischen Daten. Armut und Arbeitslosigkeit sind oft ein Nährboden für die Radikalisierung junger Menschen, aber auch in reichen, privilegierten Familien können gewalttätige Extremisten heranwachsen.

Nicht nur Indikatoren der Makroebene wie Demografie, Verbrechensrate oder Arbeitslosigkeit sind wichtig. Genauso unerlässlich sind Indikatoren auf der Mikroebene. Wie ist die Wahrnehmung junger Leute? Wie beeinflussen ihre Sichtweisen, Werte und Normen ihr Verhalten? Oft führen Frustration, Hoffnungslosigkeit und fehlende Perspektiven zu gewalttätigem Extremismus.

Wie können Berufsbildungsprogramme Jugendliche von gewalttätigem Extremismus abhalten?

Ich bin der überzeugten Meinung, dass Berufsbildungsprogramme individuell, partizipativ und kreativ sein und in enger Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen entstehen müssen. Ausserdem sollten sie Teil eines breiteren Ansatzes sein, der auch die persönliche und soziale Entwicklung miteinbezieht, und ein besseres Verständnis positiver Psychologie beinhalten: Der Fokus sollte auf den Fähigkeiten der Jugendlichen liegen und nicht auf ihren Schwächen oder ihrem abweichenden Verhalten. Und schliesslich braucht es eine enge Begleitung und genaue Evaluierung des Programms, damit wir unser Wissen ausbauen und an Erfolge anknüpfen können.

SAD Marc Probst marc.probst@sad.ch Geschäftsleiter